Gesundheit

Lärm stresst und macht krank: Hohe Schallpegel führen zu einer dauerhaften Schädigung des Gehörs. Doch auch tiefere Pegel, etwa solche des Strassen-, Bahn-, oder Flugverkehrs können als unerwünschter und ungesunder Schall das seelische und körperliche Wohlbefinden beeinträchtigen.

Allgemeines

Lärm ist im täglichen Leben allgegenwärtig und kann sowohl das Gehör direkt betreffende als auch sogenannte nicht-aurale Gesundheitsschäden verursachen. Lärmbedingter Hörverlust ist nach wie vor häufig an industriellen Arbeitsplätzen ein Problem, wird aber seit einigen Jahrzehnten zunehmend auch durch soziale Lärmbelastung verursacht, v.a. durch zu laute Musik aus Kopfhörern tragbarer Geräte. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Belege für nicht-aurale Auswirkungen von Umweltlärm auf die Gesundheit. Beobachtungs- und experimentelle Studien haben gezeigt, dass Lärmbelastung zu Belästigung führt, den Schlaf stört, das Auftreten von Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes begünstigt und die kognitiven Leistungen von Schulkindern beeinträchtigt.

Lärm, definiert als unerwünschter Schall, ist ein Schadstoff, dessen Auswirkungen auf die Gesundheit lange vernachlässigt wurden. Die Evolution hat unseren Organismus so programmiert, dass er Geräusche als Hinweis auf mögliche Gefahrenquellen wahrnimmt. Deshalb kann Lärm ganz grundsätzlich als Stressor bezeichnet werden, welcher den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. In der Folge wird das autonome Nervensystem aktiviert, welches auf Lärm mit dem Ausschütten von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol, Herzraten- und Blutdruckanstieg und anderen physiologischen Prozessen reagiert. Diese Stressreaktionen stehen häufig am Anfang chronischer Erkrankungen, v.a. solcher, die das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel betreffen. Während im Schlaf optische Reize durch den Lidschluss weitgehend ausgeschlossen werden können, wird das Gehör nur wenig eingeschränkt. Durch Lärm wird somit auch der Schlaf quantitativ als auch qualitativ beeinträchtigt. Schliesslich beeinträchtigt Lärm auch ganz grundsätzlich das seelische Wohlbefinden, Erholung und Entspannung, Arbeits- und Konzentrationsfähigkeit sowie Kommunikation und soziale Interaktionen. Diese Wirkungen äussern sich auf der psychologischen Ebene verallgemeinert als Lärm-Belästigung. Aus zahlreichen Studien weiss man, dass der Lärmpegel am Wohnort und die Lärmbelästigung der Bewohner und Bewohnerinnen zusammenhängen: je lauter es ist, umso mehr sind die Menschen belästigt.

Zu den wichtigsten Auswirkungen des Lärms auf die Gesundheit zählen folgende:

  • Gehörschädigung
  • Lärmbelästigung
  • Lärm-induzierte Schlafstörungen und Aufwachreaktionen
  • Bluthochdruck
  • Herz-Kreislauf-Krankheiten
  • Diabetes Typ 2
  • Störung der Konzentration
  • Beeinträchtigung des Leistungsvermögens
  • Erschwerte Kommunikation
  • Soziale Isolierung

Störungen des Schlafs

Bereits ab einer nächtlichen Lärmbelastung von 40 bis 50 Dezibel wird der Schlaf gestört und der Mensch wacht häufiger auf. Folge davon sind Schläfrigkeit sowie verminderte Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit am nächsten Tag.

Besonders belastet sind zudem Kinder, kranke Menschen sowie Menschen, die Schicht arbeiten und auch tagsüber schlafen müssen, zu einer Zeit also, in welcher Umweltlärm im Mittel etwa 10 dB lauter ist als nachts.

Individuelle Lärmempfindlichkeit

Wie Menschen auf Schall reagieren, ist individuell unterschiedlich. Dabei spielen zahlreiche Faktoren wie etwa genetische Prädisposition, die Lärmart, die persönliche Einstellung, die Tageszeit, oder der Gesundheitszustand eine Rolle.

Wann gilt Lärm als Gesundheitsrisiko?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit als «einen Zustand völligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens». Nicht nur objektiv feststellbare körperliche Krankheitssymptome gelten damit als gesundheitliche Beeinträchtigungen, sondern auch das durch Lärm gestörte subjektive Wohlbefinden. Die WHO legte in ihren Environmental Noise Guidelines for the European Region Grenzwerte (in Dezibel) für gesundheitsschädigenden Lärm fest.

Gesetzlicher Schutz

Umweltschutzgesetz und Lärmschutz-Verordnung (LSV) sollen die Bevölkerung vor schädlichen oder lästigen Lärmeinwirkungen schützen. Dazu hat der Bund eine Beurteilungsmethode und konkrete Belastungsgrenzwerte für die wichtigsten Lärmarten festgelegt. Sie orientieren sich am Ziel, dass die verbleibenden Immissionen die betroffenen Anwohner in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich stören sollen.

Quelle: BAFU

Die Forderungen der Lärmliga Schweiz

Lärm ist nicht nur lästig, sondern gesundheitsschädlich! Das zeigen statistische Langzeiterhebungen deutlich. Der Verkehrslärm von Strasse, Bahn und Flugzeugen gefährdet die Gesundheit von Millionen Menschen in der Schweiz. Die grössten Lärmverursacher dabei sind die Strassen. Die Trends hin zu mehr Verkehr, grösseren Fahrzeugen und dichterer Bauweise erhöhen die Lärmbelastung stetig. Die Grenzwerte werden vielerorts überschritten, oft rund um die Uhr. Besonders lärmige Fahrzeuge, die aus dem Dauerlärmteppich heraus ragen, provozieren namentlich nachts Aufwachreaktionen, die als besonders gesundheitsschädlich erwiesen sind. Was die Lärmliga fordert: Einen Mix aus allem Möglichen statt möglichst nix. Lesen Sie hier.

Damit geht es nicht bloss um Lästigkeitsprophylaxe, welche die Behörden trotz Umweltschutzgesetz (USG) nie richtig ernst genommen hatten, sondern es geht um das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Wenn dieses berührt ist, kann gemäss EU-Verträgen und auch gemäss den Bilateralen jeder Staat vom Grundsatz des freien Warenverkehrs abweichen. Folglich hätten die Schweizerischen Behörden Handlungsmöglichkeiten, wenn sie nur wollten.

«Die Befunde sind erschreckend und sollten für alle ein Alarmsignal sein.»

Mit alarmierenden Ergebnissen gelangten die neuesten Studien zum Fluglärm an die Öffentlichkeit. So bewiesen die Mainzer Universitätsklinik und das Karolinka-Institut in Stockholm, dass Fluglärm des nachts bei gesunden Menschen zu Gefässfunktionsstörungen, einem erhöhten Stresshormonspiegel und zu einer Schlafqualitätsminderung mit erhöhtem Blutdruck und mit ‚drastischen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System‘ führen könne. Erhöhter Blutdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für die spätere Entwicklung von Herzinfarkt und Schlaganfall. „Die größten Befürchtungen werden mit der Studie belegt. Die Befunde der Untersuchung der Universitätsmedizin sind erschreckend und sollten für alle ein Alarmsignal sein.“

Studien

Die Lärmliga bezieht sich (unter anderem) auf folgende Studien:

SiRENE-Studie, seit 2014

Mit der SiRENE-Studie (Short and Long Term Effects of Transportation Noise Exposure) wurden erstmals die gesundheitlichen Auswirkungen von Strassen-, Bahn- und Fluglärm auf die gesamte Schweizer Bevölkerung untersucht.

Die wichtigsten Ergebnisse der SIRENE-Studie können wie folgt zusammengefasst werden:

  • Die Belastung vom Strassen-, Bahn-, und Fluglärm verursacht jährlich rund 2’500 Diabeteserkrankungen und etwa 500 kardiovaskuläre Todesfälle in der Schweiz;
  • Die Lärmbelastung kann das Risiko metabolischer Erkrankungen erhöhen. Somit ist jede Reduktion der Lärmbelastung eine Prävention kardiometabolischer Krankheiten;
  • Die Lärmverminderung am Wohnort sollte bei der Behandlung von Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen als begleitende Massnahme geprüft werden.

 

NORAH-Studie, 2015

Nach fünf Jahren Forschungstätigkeit wurden im Jahr 2015 die Ergebnisse der NORAH-Studie veröffentlicht. Das Ziel der Studie war, die Auswirkungen vom Verkehrslärm am Beispiel der Anwohner*innen Rhein-Main-Region zu untersuchen. In Bezug auf die gesundheitlichen Risiken der Lärmbelastung hat die Studie ergeben, dass die drei untersuchten Verkehrsarten (Schienen-, Strassen- und Flugverkehr) einen Zusammenhang mit dem Auftreten von Herzinfarkten, Schlaganfällen, Herzinsuffizienz und Depressionen aufweisen.

 

Studien des Karolinka-Instituts, 2014 und 2015

Die Forscher des Karolinska-Instituts in Stockholm haben in einer langjährigen Studie herausgefunden, dass wegen Lärm verstärkt Hormone ausgeschüttet werden, die dick machen. Wegen des ständigen Lärms – vor allem nachts – schüttet der Körper verstärkt Stresshormone aus, insbesondere Cortisol, welches wiederum Heisshunger-Attacken auslöst.

 

Fluglärm-Studie der Mainzer Universitätsmedizin, Juli 2013

Die Untersuchung der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz beweist: Fluglärm kann bei gesunden Menschen zu Störungen der Gefässfunktionen, einem erhöhten Stresshormonspiegel und zu einer verminderten Schlafqualität mit drastischen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System führen. „Die größten Befürchtungen werden mit der Studie belegt, denn die Befunde der Untersuchung der Universitätsmedizin sind erschreckend und sollten für alle ein Alarmsignal sein.“

 

Burden of disease from environmental noise – Quantification of healthy life years lost in Europe, 2011

Diese Studie sammelte Daten aus verschiedenen angelegten epidemiologischen Studien über Umweltlärm in Westeuropa, die über einen Zeitraum von 10 Jahren gesammelt wurden. Die Publikation fasst die Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Lärm und gesundheitlichen Auswirkungen zusammen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kognitive Beeinträchtigungen, Schlafstörungen, Tinnitus und Belästigung.

 

Aircraft Noise, Air Pollution, and Mortality From Myocardial Infarction
for the Swiss National Cohort Study Group, Epidemiology. 2I(6) :829-836, November 2010.

Diese Studie beruht auf einer Langzeitauswertung von umfassenden Personendaten aus den letzten beiden schweizerischen Volkszählungen. Sie zeigt erstmals statistisch, dass das Herzinfarktrisiko bei Fluglärmbelastungen >45 dB(A)Leq bei Männern signifikant ansteigt, wobei der Anstieg ab Belastungen >60 dB(A)Leq markant ist. Voraussetzung ist, dass diese Personen langfristig, d.h. eher länger als 15 Jahre, in einem mit Fluglärm belasteten Gebiet wohnten. 

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