Zürich, 31. Oktober 2023 – Die Vorschläge der UREK-S im Rahmen der Interessenabwägung zur bevorstehenden USG Revision führen zu einer gravierenden Schwächung des Lärmschutzes an den bereits stark belasteten Lagen, ohne Vorkehrungen zur Verminderung des Lärms vorzusehen. Angesichts der nachgewiesenen Gesundheitsschädlichkeit von Lärm ist dies aus Sicht der Lärmliga unverantwortlich und nicht im Sinne einer angemessenen Berücksichtigung der Auswirkung auf die Gesundheit der Betroffenen. Um die anstehende Änderung des Umweltschutzgesetzes in ein Gleichgewicht zu bringen, müssen verbindliche Vorkehrungen zur Verminderung des Lärms an der Quelle vorgesehen werden.
Die ständerätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-S) hat die bundesrätliche Vorlage zur Revision des Umweltschutzgesetzes (22.085) vorberaten, mit der die lärmrechtlichen Voraussetzungen für Bauvorhaben in lärmbelasteten Gebieten geändert werden sollen. Die Lärmliga lehnte bereits den bundesrätlichen Entwurf ab, weil dieser weit über die Motion Flach hinausging und die Interessen des Lärmschutzes sehr weitgehend relativierte, ohne gleichzeitig Massnahmen zur Lärmverminderung an der Quelle vorzusehen.
Nun will die Mehrheit der UREK-S den Lärmschutz gerade an für die am stärksten von Lärm betroffenen Lagen nochmals weiter reduzieren. Wie schon der Bundesrat schlägt auch sie keinerlei Massnahmen an der Quelle vor, obwohl gesundheitsschädlicher Lärm nur so wirksam bekämpft werden kann. Eine Änderung des Umweltschutzgesetzes im Sinne der UREK-S würde den Schutz der Bevölkerung vor Lärm an lärmbelasteten Lagen massiv schwächen. Da übermässiger Lärm gesundheitsschädlich ist, sind die damit verbundenen gesundheitlichen Folgen unabsehbar. Eine ausgewogene Änderung des Umweltschutzgesetzes müsste diesen Aspekt zwingend berücksichtigen.
Die Kommissionsmehrheit will es genügen lassen, dass die Immissionsgrenzwerte, deren Überschreitung gesundheitsschädlich ist, nur an einem Raum jeder Wohnung eingehalten werden muss. Für die restlichen Wohnräume müssen damit nicht einmal die Alarmwerte eingehalten werden. Der in solchen Fällen geforderte privat nutzbare ruhige Aussenraum nützt für einen ausreichenden Ruheschutz in den Schlafräumen einer Wohnung nichts. Darüber hinaus sollen nach der Kommissionsmehrheit nicht einmal die Alarmwerte zur Anwendung kommen, wenn Wohnungen mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung ausgestattet werden. Damit geht die Kommission davon aus, dass in solchen Wohnungen ein Öffnen der Fenster oder die Nutzung von Aussenräumen keinem Bedürfnis der Bewohnenden entspricht und hebelt im Ergebnis jeden wirksamen Lärmschutz an solchen Lagen aus. Darüber hinaus sind kontrollierte Lüftungen keine Klimaanlagen und gewährleisten nicht, dass Wohnräume bei sommerlichen Temperaturen nachts genügend abgekühlt werden.
Die Lärmliga unterstützt den Minderheitsantrag der Kommission, wonach für einen angemessenen Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor übermässigen Lärm die Grenzwerte grundsätzlich weiterhin in jedem lärmempfindlichen Raum an einem Fenster eingehalten werden müssen. Ist dies im begründeten Einzelfall nicht möglich, soll es möglich sein, diese Anforderung auf die Hälfte der lärmempfindlichen Räume zu reduzieren, sofern gleichzeitig ein ruhiger Aussenraum beim Gebäude zur Verfügung steht.
Weiter folgt die Kommissionsmehrheit dem bundesrätlichen Vorschlag, der für die Ausscheidung neuer Bauzonen und die Änderungen von Nutzungsplänen selbst bei einer Überschreitung der Alarmwerte erlauben will. Die vom Bundesrat vorgesehenen wohnqualitätsverbessenden Massnahmen sind nach Ansicht der Lärmliga unzureichend. Im Sinne der Kommissionsminderheit ist zu fordern, dass den Städten und Gemeinden mehr Kompetenzen bei der Anordnung von lärmbegrenzender Massnahmen an der Quelle zu geben ist. Weiter müssen auf Gesetzesstufe Lärmobergrenzen vorgesehen werden, wenn neue Bauzonen ausgeschieden oder Nutzungspläne in Bauzonen geändert werden. Aus Sicht des Gesundheitsschutzes zentral ist es schliesslich, den ausreichenden Lärmschutz während den Nachtzeiten sicherzustellen.
Aus diesen Gründen fordert die Lärmliga, mit der Behandlung der Vorlage zuzuwarten, bis die laufende Folgeabschätzung zur Umsetzung der Grenzwertempfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Lärmbekämpfung (EKLB) vorliegt. Nötigenfalls sind die Teile betreffend Lärmschutz aus der Gesamtvorlage herauszulösen und getrennt weiter zu behandeln.