Mission beim Lärmschutz nicht erfüllt

Die Lärmliga Schweiz begrüsst sehr, dass das Bundesamt für Umwelt BAFU seinen Bericht Strassenlärmsanierung per 2018 veröffentlicht und damit Transparenz schafft. Wir monieren seit Jahren, dass weder die Kantone noch das Bundesamt für Strassen ASTRA ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen. Weit über eine Million Menschen bleiben vor Strassenlärm ungeschützt, er verursacht jedes Jahr zwei Milliarden Kosten, tausende Krankheits- und 500 Todesfälle. Statt aber endlich eine effiziente Lärmschutzpolitik umzusetzen, vergeuden das ASTRA und viele Kantone den Steuerfranken. Die Lärmliga fordert Politik und Behörden auf, künftig nur noch Massnahmen an der Quelle zu fördern, die effektiv eine Schutzwirkung für die Bevölkerung entfalten. Der Bund soll Kantone bei Ineffizienz sanktionieren – der Gesundheitsschutz für die Bevölkerung muss höchste Priorität geniessen. Insbesondere sollen keine Bundesbeiträge mehr an kantonale Planungen entrichtet werden, wenn daraus bloss eine Scheinsanierung* resultiert.

Ende März 2015 hätten der Bund, 2018 die Kantone und Gemeinden ihre Strassen lärmsaniert haben sollen. Der Bericht des BAFU zeigt, dass die Ziele, die das Umweltschutzgesetz und die Lärmschutzverordnung vorgeben, bei weitem nicht erfüllt wurden. Weder das ASTRA für die Nationalstrassen noch die Kantone und Gemeinden für die Kantons- und die übrigen Strassen kamen ihrem Schutzauftrag genügend nach. Wir stellen fest, dass die Daten per Ende 2018 unsere Auswertung per Ende 2017 im Trend fortsetzen und unsere gemachten Aussagen bestätigen (*siehe Mitteilung Juni 2019).

Lichtblicke

Vor allem Westschweizer, aber auch einige wenige Deutschschweizer Kantone setzen seit Jahren auf effiziente Massnahmen an der Quelle wie lärmarme Beläge oder wie der Kanton VD und die Stadt Lausanne auch auf Temporeduktionen (Mitteilung September 2019). Sie schützen so weit mehr Personen wirksam mit viel weniger Steuergeld. Der Kanton AG ist in der Deutschschweiz ein Vorbild, baut er doch seit längerem lärmarme Beläge ein. Neuerdings scheinen mehrere Kantone (NW, SO, JU, BL, BS) auch auf Massnahmen an der Quelle zu setzen; hier hat offenbar ein Politikwechsel stattgefunden.

Wo der politische Wille fehlt

Die Kantone ZH, BE, TG, AR, AI und weitere sowie das ASTRA haben offensichtlich die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Sie schützen mit sehr viel Geld beschämend wenige Personen hauptsächlich mit Lärmschutzwänden und Schallschutzfenstern und sind kaum bereit, Massnahmen an der Quelle zu treffen, weder Temporeduktionen als kostengünstigste noch lärmarme Beläge als inzwischen bewährte Massnahme. Hier fehlt es offensichtlich am politischen Willen. Leider finden wir im Bericht keine Aussage zu der weit verbreiteten kantonalen Praxis der flächendeckenden Scheinsanierungen* mittels sog. «Erleichterungen», die ohne Sanierung vor Ort und ohne jegliche Schutzwirkung für die Anwohner gesprochen werden. Diese Erleichterungen sind im Gesetz nur für den Ausnahmefall vorgesehen, deren breite Anwendung ist ungesetzlich.

Finanzierung der Lärmsanierungen

Wir stellen fest, dass die externen Kosten des motorisierten Fahrzeuglärms von jährlich 2 Milliarden CHF in keinem Verhältnis stehen zu den Investitionen in den Lärmschutz. Auf 30 Jahre hochgerechnet ergibt sich etwa ein 60 Milliarden-Schaden, investiert wird jedoch mit 6 Milliarden zehn Mal weniger. Geschützt (unter Grenzwerte) wurden damit gerade mal 270’000 Personen, ungeschützt bleiben weit über eine Million.

Zudem wird die künftige Finanzierung der Lärmsanierungen als grosses Prob- lem dargestellt. Würden die Kantone das Geld hauptsächlich Massnahmen an der Quelle einsetzen, wäre nicht nur für eine hervorragende Schutzwirkung ge- sorgt, sondern auch für einen haushälterischen Umgang mit dem Steuerfranken.

Appel – auch für den Klimaschutz

Wir fordern die Politik auf dafür zu sorgen, dass der Bund nur noch Massnahmen an der Quelle finanziert und nur noch solche, die eine Schutzwirkung für die Anwohnenden erzielen. Er muss die Praxis der Scheinsanierungen mittels flächendeckenden Erleichterungen unterbinden. Wir appellieren an die Kantone und das ASTRA, per sofort auf die wirksamsten und kostengünstigsten Massnahmen an der Quelle der Lärmproduktion zu setzen. Anzusetzen ist also bei den Reifen und damit verbunden beim Gewicht der Fahrzeuge sowie beim Strassenbelag. Da dies den aktuellen Flottentrends der Automobilindustrie leider noch immer zuwiderläuft, bleiben Temporeduktionen als hoch wirksame und kostengünstige Massnahme zur Lärmreduktion zentral.

Die Politik ist aufgefordert die laufenden Trends zu brechen: SUV’s, Sportwagen, schwere E-Fahrzeuge usw. sind mit wirksamen Lenkungsabgaben und nötigenfalls Verboten zu belegen. Diese Massnahmen stehen prioritär für effektiven Lärmschutz, bedeuten gleichzeitig aber immer auch Klimaschutz.

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